Sommeranfang
Wolken über mir, gemächlich ziehen sie dahin​
Ein Rotmilan kreist über einer mächtigen Buche
Kondensstreifen am Firmament formen sich zu weissen Wolken
In grosser Höhe überquert ein Flugzeug den Horizont
Eine frische Brise streift über sich neigende Grashalme
Flirrend die aufblitzenden Blätter einer nahen Silberpappel
Im grellen Sonnenlicht, ein Strauss farbenprächtiger Blumen
Über grüne Felder blickend der rote Klatschmohn sich abhebt
Das Mimikry eines Tagpfauenauges, Auge auf Auge zu
Der Schmetterling hebt ab und übergibt sich spielerisch dem Wind
Wellenartig bläst der Wind durch hochgeschossene Gräser
Im Rhythmus gleich karibischer Musik sich hin und her wiegend
Dunkle Wolken türmen sich auf, in der Ferne grollend ein nahendes Gewitter
Die Rauchwolken meiner ausgehenden Zigarre vom Winde verweht
Noch wärmt die Sonne meine Knie
Schwere Regentropfen schlagen auf einem trockenen Feldweg auf
An einem Frühsommer Nachmittag
*
Wandlung
Zwischen den Halmen des Riedgras
Eine Larve arbeitet sich aus dem Wasser
Geräuschlos klettert sie den Halm empor
Träge liegt ein Frosch im Wasser
Der Weiher, still liegt er da
Zuckenden Leibes, der Larve sich enthäutend
Auf und ab wippend
Schaudernd, zitternd, gebiert sie sich
Pumpend füllt sich das nächste Leben
Überragend ihr Leib unter den verschrumpelten Flügeln
Dunkelheit senkt sich über den Weiher
Im hellen Mondlicht spiegeln sich die Umrisse
Laute einer nahen Autostrasse
Langsam verstummt, das Abendkonzert der Amsel
Eine leichte Nachtbrise wiegen die Gräser hin und her
Wie ein Blatt im Wind über dem Wasser der Tanz einer Tagesfliege
Das Nachtmahl einer Kröte
Bleiern senkt sich die Nacht über den Weiher
Vom Mond hell erleuchtet die Seerosenblätter
Quack, Quack, Quack
Zwei Kröten balgen sich
Ein Glockenschlag der fernen Turmuhr lässt die späte Stunde erahnen
Ruhig hängt das Leben an der sich austrocknenden Larve
Grösser und grösser werden ihre Flügel
Die Kröte bemächtigt sich einer Fliege
Ein Leben stirbt, ein neues entsteht
Durchsichtig wie Glas, vom Mond erleuchtet die zerbrechlichen Flügel
Auf einem Seerosenblatt lauernd
Leuchtende Punkte, das Augenpaar einer Kröte
Unaufhörlich zirp, zirp, zirp, das Grillengesirr in einer lauen Nacht
Härter und härter wird der Körper, die Flügel breiten sich aus
Surrend hebt sie ab, der Frosch hat das Nachsehen
Der Jungfernflug einer Mosaikjungfer.
*
Der Koi
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Ein regenreicher Tag
Mit letzter Kraft
Ein verzweifelter Sprung aus dem Wasser
Langsam sank er auf den Grund
Er legte sich zur Seite
Ein paar Mal, als würde er nach Luft schnappen, hauchte er sein Leben aus
Ein erfülltes Leben hatte er
Über ihm ein Fischreiher, der seine Kreise zieht
Begraben im Garten
Der weiss-rot gefleckte Koi
Wild wuchernde Reben säumen sein Grab
In der Ferne der klagende Gesang einer Drossel
Sie verteidigt ihr Revier
In der untergehenden Sonne
Am Vorabend eines neuen Tages
*
Zerrissenheit
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Ein tiefer Schmerz erfasst mich
Es darf nicht sein, was sein könnte, alles wäre rein
Ich werde nie erhalten, was ich zu geben bereit wäre
Das Schicksal vergönnt was einem anderen beschieden
Es wurde mir geschenkt, einfach so, ich wollte es nicht
Ein Geschenk, das ich nicht brauche, eine Geschenk das keines ist
Ich möchte es aus der Welt schaffen, vernichten, ungeschehen machen
Zerrissenheit, Traurigkeit, verletztes Wesen, ein nutzloses Ding
Keine Hoffnung im Diesseits, Hoffnung im Jenseits
Berühre Peinlichkeiten, störe nur, bin lästig
Stehe allen im Wege, besser es gäbe mich nicht
Verletzlich, sentimental, geschwächt in meiner Ohnmacht
Ich bin nicht der ich bin, bin mir fremd, kenne mich selbst nicht mehr
Ich trage ein tiefes Geheimnis
Für niemand ist es bestimmt, ich kann es niemandem erzählen
Ich weiss nicht wie ich damit umgehen soll, niemand darf es erfahren
Es bleibt für immer verborgen, ich nehme es in den Tod
Ein einsam blutendes Herz
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